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Cache und GPS-Empfänger:

Schnitzeljagd via Satellit
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> 10|08 | geocaching


Schatzfieber 2.0 - - - N 51° 31.9..? - E 009° 55.6..?

Schätze zu verstecken hat die Menschheit seit jeher fasziniert – und ihrem Geheimnis auf die Spur zu kommen und sie zu finden erst recht. Heute lockt 'Geocaching' als zeitgemäße Variante per Satelliten-Navigation - auch in der Region Göttingen...


> Die Frauenstimme im Hörer klingt aufgeregt. Im Hintergrund gellt ein Martinshorn. Hastig werden Zahlen durchgegeben. Ebenso schlagartig ist es wieder still. Aufgelegt. Na, alles notiert? Oder ging es zu schnell? Also die Nummer neu wählen und sehr aufmerksam zuhören...

Die Tür einer ganz bestimmten Göttinger Telefonzelle gehört zu jenen unscheinbaren Orten, die in eine andere Welt führen: ein „Paralleluniversum“, das sich per Internet in seinem vollen Ausmaß erschließt. Virtuelle Daten-Portale ersetzen die gute alte Schatzkarte: www.geocaching.com öffnet den Weg zu weltweit versteckten Kleinoden, www.opencaching.de bietet Such-Perspektiven im deutschsprachigen Raum, Südniedersachsen eingeschlossen.

Was jene junge Frau da überstürzt ausruft, sind Positions-Koordinaten. Eingegeben in ein sogenanntes GPS-Gerät im Handy-Format, lässt sich in diesem Fall ein Geländepunkt ermitteln, an dem ein weiterer Hinweis auf dem Weg zum Ziel aufgespürt werden muss. Wer die folgenden Stationen der Schnitzeljagd via Satellit ebenfalls findet, gelangt nach einer spannenden Runde durch ein beliebtes Göttinger Naherholungsgebiet endlich ans Ziel: den „Cache“.


Von Gutingi bis Chopins Cache Concerto (a-Moll)


In Göttingen einer von vielen: In einem Radius von fünf Kilomtern um das Zentrum der Universitätsstadt - Position: N 51° 31.958 E 009° 55.690 - sind allein auf geocaching.com über 100 Schätze registriert (bundesweit derzeit mehr als 46.000). Sie tragen Namen wie „Gutingi bis Göttingen“, „Noble Runde“, „Lost Place Helenental“, „Richtfeuer“, „Ein reales Ebenenwechselkonstrukt“, „Chopins Cache Concerto (a-Moll)“ oder schlicht „Durch die Schlucht“. Auf den einschlägigen Internet-Portalen sind sie von den versteckenden „Ownern“ angemeldet, die sich dafür Nicknames zugelegt haben wie „Alpenfan“, „C.C.Cache“, „Miraculix84“, „Die Apfelmonster“, „YUM“ und „magnema“.

Die Geocaching-Gemeinde bietet einen repräsentativen Querschnitt durch die Gesellschaft. Der Entwicklungs-Ingenieur eines namhaften Göttinger Technologie-Konzerns geht ebenso auf Schatzsuche wie der Malermeister aus dem Eichsfeld, Beamte teilen ihr Hobby mit Außendienstlern der Straßenmeisterei, und – wen wundert's? - in und um Göttingen sind jede Menge Studentinnen und Studenten auf Spezial-Exkursion unterwegs.

Aus dieser bunten Mischung ergibt sich eine entsprechende Vielfalt an Ideen, wo und wie die modernen Schatzkisten verborgen wurden. Bei einfachen Verstecken genügen dem Routinier oft ein Blick und ein Griff, und er kann „loggen“, sprich: sich im Logbuch verewigen. Weil der Einfallsreichtum der Cache-Inhaber aber kaum Grenzen kennt, sind gelegentlich Stunden oder gar Tage der Vorbereitung nötig, um die wohlausgetüftelten Geheimnisse zu knacken und den Schatz zu „heben“.

So führen fein ausgearbeitete Stadtrundgänge mit diversen Stationen durch Göttingen und seine Geschichte, eine „by Car“ genannte Tour lässt sich auch mit dem Rad absolvieren, und oft wird auch der scheinbar mit der Region Vetraute an – möglichst attraktive - Orte geführt, die er vorher gar nicht kannte.

Manchmal müssen ausgeklügelte Rätsel gelöst werden, um die begehrten Zieldaten zu erhalten. So bedeutet „CFG“ nicht nur „Cache für Göttingen“, sondern kann womöglich schon auf den Lösungsweg hinweisen. Der Name „Hoch hinaus“ steht für Klettereinsatz, als „Agent XXX“ begibt sich der mutige Cacher „in die Unterwelt“ und durch den „Tunnel des Schreckens“. Im Extremfall ist Alpinisten- und Taucher-Ausrüstung von Vorteil, und manchmal führt – so paradox es klingen mag - nur die Dunkelheit der Nacht ans Ziel...

Wie kniffelig sich die Suche gestalten wird, lässt sich im Internet bereits anhand verschiedener Schwierigkeitsgrade für Versteck und Gelände (jeweils von 1 bis 5) erahnen. Und damit die Spürnasen sich auf das Volumen vom Schatz und der daraus vermutbaren unmittelbaren Umgebung einstellen können, wird auch die Größe bereits online angegeben (siehe Infokasten: „Behälter“).

Nun stellt sich auch die Frage: Wie sehen sie eigentlich aus, die Horte der Neuzeit? In den allerseltensten Fällen handelt es sich um die klassische Schatztruhe, prall gefüllt mit Golddublonen, Piratenbeute oder königlichen Juwelen. Eher warten im Verborgenen Behälter aus Plastik, manche im Filmdöschen-Format, andere in den Formaten handelsüblicher Frischhalte-Boxen, manchmal sogar Munitionskisten und Tresore. Darin befindet sich stets das sogenannte Logbuch, in dem sich der glückliche Finder als solcher eintragen kann.

Je nach Ausmaß der „Dose“ können Tausch-Gegenstände enthalten sein: Nützliches für den Alltag, CDs und DVDs, allerlei Krimskrams und Spielzeug. Letzteres besonders reizvoll für jene Abenteurer, die ihrem Cacher-Nachwuchs eine reizvolle Alternative zum traditionellen Sonntags-Spaziergang schaffen wollen. Wer hier, wie es häufig geschieht, zunächst als „Gastcacher“ mit routinierten Freunden unterwegs war, kann schnell vom Schatzfieber infiziert werden.

Die automatische Statistik über die Anzahl der Funde dürfte Ehrgeizige besonders motivieren, als deutscher Spitzenreiter gilt „GeoPirat“ mit rund 8.200 entdeckten Schätzen in fünf Jahren. Dazu der Berliner Fotograf: „Seit ich 2003 mit Geocaching anfing, verging nicht eine Woche ohne einen Cache zu finden. Weil ich gerne reise und unterwegs bin, ist Geocaching eine ideale Möglichkeit, neue Gegenden zu erkunden.“ Oder schlicht: „Ein Tag mit einem guten Fund ist ein besserer Tag.“

Was Göttinger Schätze betrifft, hat ihm Deutschlands prominentester bekennender Geocacher allerdings eines voraus, den Telefonzellen-Cache: Comedian Bernhard Hoëcker hat die Informationen der Frau am Telefon sorgfältig genug verwertet, um am Ziel bilanzieren zu können: „Sehr schöne Runde. Tolle Geschichte. Wir haben direkt zwei Neulinge angefixt. P.S. Der Nächste müsste einen blauen Müllsack mitnehmen. Ich sag' aber nicht wofür... ;-)“



Geocaching von A bis Z

- "Alpenfan": Nickname eines Geocachers in der Region Göttingen, der für seine raffiniert ausgetüftelten Cache-Behälter bekannt (und gefürchtet) ist.

- Behälter: kann unterschiedlichste Formen haben - ob Filmdöschen, Plastik-Frischhaltedose, Munitionskiste, oder - eher selten - echter Tresor, dessen Kombination zu "knacken" ist. Übliche Größen sind:

Nano oder Nano-Micro: winzig, Durchmesser oft unter 1 cm, mit Mini-Zettel als Logbuch.

Micro: häufig Filmdöschen, die meist nur Zettel und Stift enthalten.

Small: hier ist neben Logbuch und Stift noch Platz für kleinere Tausch-Gegenstände.

Regular: ursprüngliche Standard-Größe, mit Inhalt von einem bis zu mehreren Litern.

Large: Kisten, Tresore etc., die luxuriös viel Platz - somit auch für außergewöhnlich große Tausch-Objekte - bieten.

- Cache: sprich "Käsch", das ultimative Ziel: der Schatz.

- "Cache in trash out": Einsatz für die Umwelt - während der Suche gefundenen Müll einsammeln und korrekt entsorgen.

- DNF: Der Super-Gau für jeden Geocacher: "Did not find" (nicht gefunden) - dennoch wichtiger Online-Eintrag, um den "Owner" auf einen vielleicht "gemuggelten" Cache aufmerksam zu machen.

- "Dose": übliche Bezeichnung für den Cache-Behälter

- Earth-Cache: an den angegebenen Koordinaten weder Behälter noch Logbuch. Statt dessen findet sich eine geologisch bemerkenswerte Stelle mit Einblick in die Erdgeschichte - im Göttinger Raum z. B. "Bottom of the Sea" und "Kalkstein Limestone".

- FTF: "First to find" = als erster einen neuen Geocache finden, für ehrgeizige Schatzjäger eine besondere Motivation, auch mitten in der Nacht loszuziehen.

- Geocaching: sprich: "Dschiokäsching", vom griechischen geo (Erde) und englischen cache (geheimes Lager) - Satelliten-gestütze Schatzsuche. Die Verstecke werden mit geographischen Koordinaten im Internet veröffentlicht und können mit Hilfe eines GPS-Empfängers gesucht werden.

- Geocoin: eine Art Münze, nicht als Zahlungsmittel verwendet, sondern bestimmt, um von einem Geocache zum nächsten unterwegs zu sein.

- GPS: Global Positioning System, wurde vom US-Verteidigungsministerium für militärische Zwecke entwickelt. Seit Mai 2000 steht auch Zivilisten die Koordinaten-Genauigkeit von 10 Metern zur Verfügung.

- GPS-Gerät: Satelliten-Empfänger, der anhand eingegebener Koordinaten die Position des Schatzjägers ermittelt. Gebraucht schon ab ca. 50 Euro erhältlich, je nach Ausstattung - Straßenkarten, Zusatzfunktionen - entsprechend teurer. Auch Smartphones und Handys sind zunehmend als GPS-Empfänger geeignet.

- "Heben": üblicher Begriff für das Finden und Bergen des Schatzes.

- Letterbox: ältere Geocaching-Variante ohne GPS. Statt Koordinaten helfen exakte Beschreibungen und ein Kompass bei der Suche. Kann nur mit einem Stempel "geloggt" werden.

- Logbuch: Bestandteil des Caches, auf dem sich die Finder eintragen ("loggen") können.

- Loggen: Oft begleitet von der Ausschüttung diverser Glückshormone.

- „Muggels“: alle Menschen, die Geocaching nicht kennen (analog zu den nicht-magischen Personen der Harry-Potter-Bücher). Weil Caches von diesen zufällig gefunden und versehentlich oder mutwillig zerstört oder geplündert werden können, soll ein Versteck möglichst nur dann aufgesucht werden, wenn keine Muggels in der Nähe sind.

- Multicache: hier sind mehrere Stationen ("Stages") aufzusuchen, um das eigentliche Versteck ("Final") zu entdecken.

- Mystery-Cache: Rätsel-Cache, bei dem zunächst eine mehr oder minder knifflige Aufgabe gelöst werden muss, um die notwendigen Koordinaten zu erhalten.

- Nacht-Cache: lässt sich nur bei teilweiser oder absoluter Dunkelheit finden, weil Reflektoren, Lichtzeichen, Tonsignale, Wecker etc. zum Ziel führen.

- „Owner“: Cache-Besitzer - jener, der den Schatz versteckt hat und dafür sorgen muss, dass er gemäß Beschreibung auch auffindbar bleibt.

- „Rudel“: übliche Bezeichnung für eine Gruppe, die gemeinsam einen Cache „angeht“.

- Tausch-Gegenstände: Cache-Inhalt, der entnommen werden kann, wenn gleichzeitig wieder etwas hinein gegeben wird: u. a. nützliche Alltags-Dinge, Tonträger, Spielzeug, Stofftiere - und natürlich diverse Geocache-Utensilien.

- Traditional Cache: die Standard-Version, viele sind an oder in der Nähe von besonderen Orten versteckt. Aber nicht immer "einfach", weil den Ideen für die Versteck-Möglichkeiten kaum Grenzen gesetzt sind.

- Travelbug: eine Metallplakette, an der ein Gegenstand befestigt wird, der von einem Cache zum nächsten „reisen" soll.

- Ü-Ei-Inhalte: Nicht immer gern gesehen als Tausch-Gegenstände.

- Ulmer, Dave: „Vater des Geocaching“. Er versteckte im Mai 2000 einen Behälter mit Inhalt in den Wäldern bei Portland/Oregon und veröffentlichte die Position in einer Newsgroup. Der erste Geocache wurde gleich am ersten Tag gefunden – Auftakt zu einer Ausbreitung mit wachsendem Tempo rund um den Erdball.

- Virtueller Cache: kein Behälter, kein Logbuch, kann mit dem Computer von daheim aus gefunden und geloggt werden, heißt deshalb verächtlich auch "Couchpotato-Cache".

- „Waterworld“: Herausforderung pur - ein Cache mit den höchsten Schwierigkeitsstufen für Versteck und Gelände (5/5) in der Region Seeburger See. Laut Owner „kein Zuckerschlecken, sondern eine Aufgabe für furchtlose, wagemutige Zeitgenossen, die das Abenteuer suchen und das Wort 'Angst' aus ihrem Vokabular gestrichen haben.“

- www.geocaching.com: weltweit größtes Portal zur Geocache-Registrierung.

- www.opencaching.de: Online-Portal für den deutschsprachigen Raum.

- Zeit: sollte sich jeder jeder Geocacher ausreichend nehmen. Zwar reichen beim Aufspüren leichter Verstecke gelegentlich Sekunden, aber um beispielsweise „Enigma # 1“ (höchster Schwierigkeitsgrad: 5) endlich in den Händen zu halten, haben diverse Geocache-Teams allein für die Vorarbeit Monate benötigt.



Linktipps

- Geocaching.com

- Opencaching.de



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